Philatelisten in aller Welt wissen aus ihren umfangreichen Briefmarkenkatalogen,
dass es "Bergedorfer Briefmarken der beiderstädtischen Zeit"
gab.
Die Tatsache, dass für Bergedorf in den Jahren zwischen dem 1. November
1861 und dem 31. Dezember 1867 eigene Postwertzeichen herausgegeben
wurden, versetzt viele Philatelisten immer wieder in "Jagdfieber".
So sind außer Einzelmarken frankierten Briefen nur vier Bogensätze
bekannt, und bei zweien fehlt die dunkelblaue. 1992 war z. B. ein sog.
alter Bogensatz im Michel-Katalog mit knapp einer halben Million DM bewertet,
aber auch Auktionspreise sind oft unterschiedlich hoch. Die Einzelmarken
liegen laut DNK 2002 zwischen 110.-Variante, und 740,- EUR für gestempelte,
wobei auf Briefstücken hohe Aufschläge möglich sind, und
725,- bis 11.000,- EUR für postfrische Einzelmarken.
Ein Blick in die Marken-Geschichte:
Die 1861er quadratischen Marken mit dem beiderstädtischen Wappen,
dem halben Lübecker und Hamburger Wappen, und den Wertangaben 1/2,
1, 1 1/2, 3 und 4 Schillinge waren Steindrucke auf unterschiedlichem farbigem
Papier des Hamburger Lithographen Charles Fuchs.Fuchs arbeitete
als freier Lithograph um 1870 für die Kartendruckerei der Hamburger
Baudeputation. Auch druckte er 1860 ein Bergedorfer Doppelpanorama von
Gerwitz und Ruths.
Der Bergedorfer Postdirektor Franz Wilhelm Ludwig Paalzow (1816-1896)
gibt in einem Schreiben vom 19. Juni 1861 die anzuschaffende Gesamtmenge
aller zu druckenden Marken mit 550.000 Stück an; tatsächlich
wurden aber nur 450.000 Stück geliefert. Probedrucke vom 10. Juni
1861 sollen schon vorab vom Postamt Bergedorf verkauft worden sein - ob
sie aber zur Frankatur benutzt wurden, ist fraglich.
Vom 28. Oktober 1861 an konnten die fünf quadratischen "Bergedorf
Postmarken" im beiderstädtischen Postamt (heutige Lage:
Gebäude Weidenbaumsweg 3), gegenüber vom damaligen Bahnhof,
erworben und ab
1. November die abgehenden Briefe damit frankiert werden.
Die Marken wurden im Steindruckverfahren mit Hilfe von drei kleinen Steinen
gedruckt. Von diesen Drucksteinen hat der Drucker Charles Fuchs aber nur
den Originalstein an Paalzow ausgeliefert, der ihn an den damaligen Bergedorfer
Amtsverwalter Dr. Kauffmann zur Verwahrung gab. Die Bergedorfer Briefmarken
waren bis zum 31. Dezember 1867 gültig.
An diesem Tag wurden auch in Bergedorf die Postwertzeichen des Norddeutschen
Postbezirkes eingeführt. Es waren da damals noch ungefähr 300.000
Marken der verschiedenen Sorten vorhanden, wie Paalzow in einem Brief
vom 28. Mai 1868 schrieb.
Im Bergedorfer Straßennamen "Paalzowweg" wird die Erinnerung
an den Schöpfer der berühmten und wertvollen Bergedorfer Briefmarken
wachgehalten. Paalzow wurde 1838 die preußische Postverwaltung
in Bergedorf übertragen. Nach 1847 wurde er Postmeister des beiderstädtischen
Postamtes und sorgte später auch dafür, dass das Landgebiet
regelmäßig durch eine Landpost bedient wurde. 1868 wurde aus
dem beiderstätischen Postbeamten ein Beamter des Norddeutschen Bundes
und dann folgte 1871 die Bestallung als Kaiserlicher Reichspost-Direktor.
1884 trat Paalzow in den Ruhestand. Die Bergedorfer Briefmarken sind,
genauso wie das "Bergedorf Beer", eine über den Ort hinaus
bekannte Bergedorfensie.
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Das erste beiderstädtische Postamt war von 1847-50
im Bergedorfer Bahnhof untergebracht. Danach (1850-1868) im gegenüberliegenden
Gebäude, heute die Bäckerei mit Stehcafé Weidenbaumsweg
3, hier wurden die "Bergedorfer Briefmarken" verkauft.
Für die Zeit 1868 bis zum Bau des "Kaiserlichen Postamtes"
1892 an der Kampstraße, heute Geschäftshaus "Alte Post"
Weidenbaumsweg / AmBahnhof, bezog das zum Norddeutschen Postbezirk gehörende
Bergedorfer Post- und Telegraphenamt das abgebildete, um 1670 erbaute
Haus auf dem Mühlenhof im Kupferhof; heutiger Standort des CCB.
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